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, Fritz Böhlen

1953

Anlässlich der bevorstehenden Neuuniformierung von 1954

Von der Blasmusik
 
Vor hundert Jahren war Musik das Vorrecht weniger Leute.
Heute leben wir im Zeitalter des Radio. Musik ist Volksgut geworden.
Viele einfache, unstudierte Menschen empfinden und fühlen Musik.
 
Die Wiedergabe eines Stückes erschöpft sich aber nicht nur mit dem Herabspielen der Noten, sondern mit der guten Interpretation (Darbietung).
Voraussetzung dazu ist die Beherrschung des Technischen.
Erst auf dieser Grundlage kommt die Darbietung zu ihrem Recht, kann z. B. der Bläser Seele in sein Spiel legen.
 
Was nun die Technik des Bläsers anbelangt, so sind hier mehrere Schwierigkeiten zu nennen.
In der Blasmusik steht und fällt alles mit dem "Ansatz".
Das Andrücken des Mundstückes an die Lippen bringt diese zum Anschwellen, so dass zuletzt kein richtiger Ton mehr herausgebracht wird.
Diesem Übelstand kann nur durch fleissiges Üben abgeholfen werden.
Es müsste also jeder Bläser, um seiner Aufgabe gerecht zu werden, jeden Tag auf seinem Instrument blasen.
 
Eine zweite Schwierigkeit ist die Zungenfertigkeit.
Es gibt schnelle Figuren, die mit dem einfachen Zungenschlag nie scharf und sauber klingen.
Der Trompeter muss schon den doppelten oder gar den dreifachen Zungenschlag anwenden.
Auch diese Fertigkeit braucht lange Übung.
 
Um gute Musik zu hören, brauchst Du natürlich nur das Radio einzuschalten. Aber je und je drängte es die Menschen, sich selber in der Kunst des Musizierens zu üben.
Und es ist schon so: Das Spielen eines Instrumentes bereitet grosse Freude. Es braucht dazu allerdings Ausdauer, denn bis man über die technischen Anfangsschwierigkeiten hinweg ist, dauert es Monate.
Diese Ausdauer ist leider bei vielen Jungen nicht mehr vorhanden. 
Wer es aber wagt, wer das Ziel erreicht, ein tüchtiger Bläser wird, der schafft nicht nur sich eine Quelle der Freude, ein feines Gegengewicht, einen prächtigen Ausgleich für die tägliche Berufsarbeit: Er bringt auch anderen Freude! Gibt es etwas Schöneres?
 
Es gab eine Zeit, wo Blasmusik als zweit-, drittrangig angesehen wurde. "Blechmusik" wurde mit Achselzucken abgetan.
Heute hat die Entwicklung des Blasmusikwesens diese Verachtung weggewischt.
Nicht zuletzt verdanken wir diese Änderung der Tatsache, dass wir heute bedeutende Komponisten haben, die originale Werke für Blasmusik schreiben.
Wir sind nicht mehr nur auf Bearbeitungen von Orchestermusik angewiesen.
 
Neben der Konzertmusik ist es aber unser stetes Bemühen, die Marschmusik zu pflegen.
Was wäre ein Fest ohne Blasmusik, ein Festzug ohne Trompetenklang?
Wir wissen, dass gerade die flott marschierenden und schneidig spielenden Musikanten sich viele Freunde werben.
Das marschierende Korps bietet aber erst ein gutes Bild fürs Auge, wenn es einheitlich gekleidet, uniformiert ist.
Wir zweifeln nicht daran, dass unsere Freunde uns bei der Neuuniformierung kräftig unter die Arme greifen werden.
 
Nach wie vor wird es unser ernstes Bestreben sein, unsern Freunden und Gönnern mit gut vorbereiteten Konzerten Nöte und Widerstände des Alltags vergessen zu lassen, sie für flotte Marschmusik zu begeistern, kurz, ihnen Freude zu bereiten.
 
Fritz Böhlen
Dirigent der "Harmonie" von 1934 - 1960